Kloster Fürstenzell

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Die Kirche Maria Himmelfahrt, rechts davon die Klostergebäude
Kupferstich des Klosters Fürstenzell von Johann Ulrich Kraus aus dem "Churbaierischen Atlas" des Anton Wilhelm Ertl, 1687
Kolorierter Kupferstich des Klosters Fürstenzell von Michael Wening aus Historico-topographica Descriptio. Verlegt bei Johann Lucas Straub, München 1701-26. Links unten ist die Portenkirche erkennbar.
Gebäude der ehemaligen Zisterzienserabtei

Das Kloster Fürstenzell ist ein Kloster im Markt Fürstenzell im niederbayerischen Landkreis Passau.

Geschichte

Das Kloster ist eine Gründung des Passauer Domkanonikers Magister Hertwicus (auch Hartwich oder Hartwig). Am 26. Februar 1274 übergab Alram von Rottau seine Besitzungen in Dürhaim mit der Zelle des hl. Laurentius den Zisterziensern. Die Urkunde wurde in Aldersbach ausgefertigt, woraus hervorgeht, dass Magister Hertwicus die Unterstützung von Kloster Aldersbach besaß. Er ließ sich die Schenkung auch durch Herzog Heinrich bestätigen. Am 27. März 1274 bestätigte Bischof Peter ein Tauschgeschäft zwischen Hertwicus und dem Prepositus von Kloster St. Nikola, wodurch der Hof Zell in den Besitz des Klostergründers gelangte. Die Besiedelung des neu gestifteten Klosters erfolgte von Kloster Aldersbach aus. Die Kirche weihten die Zisterzienser der hl. Gottesmutter Maria.

Rasch erweiterte sich der Besitz des Klosters durch Kauf und Stiftung. Die Herren von Rottau gehörten zu den größten Wohltätern, ferner die Herren von Essenbach, die Grafen von Ortenburg, die Sigenhaimer, die Hadrer, die Herren von Ruhstorf, von Seibrecht und Seifried, die Frumesel von Schärding, die Poppenberger, die Tobelhaimer, das Passauer Domkapitel, Kloster Niedernburg, Kloster St. Nikola und Kloster Reichenberg. Zu einem gewissen Abschluss gelangte diese Entwicklung in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts mit dem Kauf des Edelsitzes Hirschstain samt Dorf Irsham und Sitz Neuhofen.

Bereits 1274 nannte Alram von Rottau die eben erfolgte Gründung Furstencelle, und im selben Jahr nahm Herzog Heinrich sie in seinen Schutz. 1276 gestand der Herzog dem Kloster die freie Vogtwahl zu und verlieh ihm eine beschränkte Gerichtsbarkeit über seine Leute und Güter, 1280 die volle Gerichtsbarkeit über die Klostergüter. 1294 erhielt das Kloster vom Domkapitel Passau die Verwaltung der Kirche in Höhenstadt übertragen. Es dauerte aber noch ein Jahrhundert, bis das Domkapitel alle Rechte an der Pfarrei Höhenstadt dem Kloster abgetreten hatte.

Im Konskriptionsjahr 1752 umfasste der Grundbesitz des Klosters im Landgericht Griesbach 11 ganze Höfe, 24 Huben, 62 Lehen, 45 Sölden und 21 Leerhäuser. Dazu gerechnet werden müssen noch der Hofbau des Klosters und die 29 Leerhäuser des Ortes Fürstenzell. Außerhalb des Gerichtsbezirkes gehörten dem Kloster noch 5 ganze, 17 halbe und 5 Viertelhöfe neben etwa 10 Sölden.

Trotz seines beträchtlichen Grundbesitzes blieb der Einfluss des Klosters als Gerichtsherr aufgrund der starken landesfürstlichen Macht im Landgericht Griesbach bescheiden. Es sind mehrere Richter zu Fürstenzell bezeugt, meist Angehörige des niederen Adels der Umgebung. Als ab dem 15. Jahrhundert immer mehr Häuser um das Kloster entstanden, beanspruchten und exekutierten die Landrichter niedergerichtliche Rechte im Ort Fürstenzell. 1584 beschwerte sich deshalb Abt Willibald über das Vorgehen des Pflegers Lazarus Offenhaimer gegen etliche seiner Leib- und Grunduntertanen bei der herzoglichen Regierung in Landshut. Sein Bemühen blieb jedoch erfolglos. Abt Jakob nahm 1617 mit einer Supplikationsschrift den alten Kampf wieder auf und erreichte 1621 bei der herzoglichen Kammer in München einen Teilerfolg. 1752 umfasste die Kloster-Hofmark alle Anwesen des Ortes Fürstenzell.

Die 1334 geweihte erste Klosterkirche brannte im Jahre 1622 nach Blitzschlag völlig aus. Sie bestand aber noch bis etwa 1720. Im 18. Jahrhundert hatte das Kloster, beginnend mit den Äbten Abundus de Pugnetti (1707 - 1727) und Stephan Mayr (1727 - 1761) seine Blütezeit. Die in den Jahren 1740 bis 1748 errichtete neue Klosterkirche wurde am 27. Oktober 1748 von Kardinal Joseph Dominikus Graf von Lamberg, Fürstbischof von Passau, zu Ehren der Glorreichen Himmelskönigin geweiht. Abt Otto Prasser (1761 - 1792) erweiterte das Kloster in den Jahren 1760 bis 1770. Er ließ die beiden Kirchtürme aufführen und gewann bedeutende Künstler zur Ausschmückung des Festsaals im Mitteltrakt der Prälatur und der Bibliothek. Unter Abt Edmund Bachmayr (1792 - 1803), einem hervorragendem Schulmann, wurde das Kloster im Zuge der Säkularisation 1803 aufgehoben.

Die Familie Wieninger erwarb die Kloster- und Ökonomiegebäude, gab den Bewohnern der Umgebung Arbeit und ließ eine Besiedlung des Ortes zu. 1807 wurde die Klosterkirche Pfarrkirche der Pfarrei Fürstenzell. Wenige Jahre darauf wurde die bisherige Pfarrkirche in Unterirsham abgebrochen.

Wegen der schlechten Wirtschaftslage verkaufte Wieninger den Gebäudekomplex im November 1928 an die bischöfliche Brauerei Hacklberg, die ihn jedoch schon 1930 an die Deutsche Provinz der Gesellschaft Mariens weiterveräußerte. Die Maristenpatres nahmen 1931 den Lehrbetrieb an der ordenseigenen philosophisch-theologischen Hochschule und 1948 am Gymnasium auf. Ein weiteres Aufgabenfeld der Patres war die Seelsorgetätigkeit in der Pfarrei Fürstenzell und den Nachbarpfarreien. Am 15. August 2009, am Tag des Patroziniums, verabschiedeten sich die Maristen altersbedingt aus der Seelsorge in der Pfarrgemeinde Fürstenzell.

Bauwerke

  • Kirche Maria Himmelfahrt. Der „Dom des Rottals“ von Johann Michael Fischer, eine der bedeutendsten Kirchen, die den Übergang zwischen Hochbarock und Rokoko dokumentieren, wurde von dem bekannten Freskanten Johann Jakob Zeiller ausgemalt. Stuck und Kanzel schuf Johann Baptist Modler.
  • Die Portenkirche als Teil der ehemaligen Klosteranlage reicht bis in das 13. Jahrhundert zurück. Von dem nach Auflösung des Klosters profanierten Kirchenbau besteht nach Abbruch des Langhauses nur noch der Altarraum mit einem Fresko von Ignaz Keyl. Nach jahrelangem Wiederaufbau dient sie seit Frühjahr 2008 als Veranstaltungsraum.
  • Klostergebäude. Auf der Südseite legt sich die 1687 vollendete Klosteranlage, einen Binnenhof bildend, an die Kirche.
    • Gegen Westen erstreckt sich der ehemalige Prälaturflügel, dessen Mitteltrakt, der ehemalige Festsaal, jetzt Kapelle, 1733 von Bartholomäus Altomonte ausgemalt wurde.
    • Gegen Süden schließt der Refektoriumsflügel den Binnenhof. Der ehemalige Speisesaal besitzt ein Deckengemälde mit allegorischen Gestalten.
    • Der ehemalige Konventflügel im Osten enthält ein geräumiges Treppenhaus mit einem Fresko von Johann Jakob Zeiller, darstellend das Weltgericht.
    • An der Südwand der Kirche entlang verläuft der zweigeschossige Kirchgang mit klassizistischer Fassadenbemalung. Auch die gegenüberligende Front des Refektoriumsflügel trägt Freskenschmuck. Der Maler ist jeweils der Wiener Johannes Gfall, der vermutlich auch das Deckengemälde im Speisesaal schuf.
    • Der Ost-Flügel verlängert sich über den Binnenhofkomplex hinaus gegen Süden. Hier befindet sich der berühmte Bibliotheksraum, der nach 1770 entstand. Vor den Wandregalen verläuft auf halber Höhe eine von Atlanten getragene Empore mit geschnitztem Geländer. Über den seitlichen Treppenaufgängen fechten Putten, teilweise parodistisch, mit Würsten statt mit Waffen. Alle Schnitzfiguren stammen von Joseph Deutschmann. Das Deckenfresko von Johann Jakob Zeiller und Matthäus Günther wurde im 19. Jahrhundert entfernt.

Literatur

  • Renate Blickle: Landgericht Griesbach. (= Historischer Atlas von Bayern, Teil Altbayern, Reihe I, Band IXX). Bayerische Akademie der Wissenschaften, Kommission für Bayerische Landesgeschichte (Hrsg.), München 1970, ISBN 3 7696 9819 3, (Digitalisat).
  • Alexander von Reitzenstein, Herbert Brunner: Reclams Kunstführer Deutschland Band 1. Bayern. Baudenkmäler, Philipp Reclam jun. Stuttgart, Universal-Bibliothek Nr. 8055-72, 8. Auflage 1974, ISBN 3-15-008055-X.

Weblinks