Kochhof mit Freilinger Häusl

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Das Rottaler Bauernhaus im Kochhof (Foto: Martin Ortmeier, 2019)

Der Kochhof ist ein rekonstruierter niederbayerischer Vierseithof im Freilichtmuseum Massing, er repräsentiert dort die bäuerlich ländliche Hauslandschaft des Rottals. Das Wohnhaus, das vom Kochhof im südlichen Rottal stammt, hat dem Museumshof den Namen gegeben.

Beschreibung

Das Ensemble

Das Anwesen besteht aus dem aus vier Gebäuden gefügten Vierseithof mit zugehörigem Wirtschaftsgarten, einem Austragshaus außerhalb des Hofgevierts und dem Windbrunnen, dessen Turbinenturm die Dächer des Hofs weit überragt.
Der Hof ist an drei Ecken durch Holztore geschlossen, das südöstliche Haupttor begleitet eine Handpforte. 1983 wurde aus Mitterohrbach bei Rimbach ein Bienenhaus übertragen, das bereits viele Jahre als Hühnerstall gedient hatte. Für diesen sekundären Zweck ist es auch in Massing wieder in Nutzung.
In der Hofmitte ist eine betonierte Miststatt eingerichtet, vor dem Schupfen wurde um 1990 ein „Notstand“ (für die Klauenpflege der Kühe) aufgestellt, 1992 wurden im Bereich der Hofauffahrt Obstbäume gepflanzt, 1994 wurde im Haupthaus eine Elektroinstallation rekonstruiert, zu der auch eine Hofüberspannung zum Stallgebäude gehört.
2016 wurde das Taubenhaus aus Müllersberg dem Ensemble eingefügt.

Außenseitig grenzen an den Stall eine Sauweide und eine Gänseweide an. Eine (in der musealen Darstellung) öffentliche Straße verläuft zwischen Hof und Austragshaus.
Im gesamten Umfeld des Hofs wurde 1990 in Zusammenarbeit mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf standortgerechte Ruderalflora rekonstruiert[1]. Einige Pflanzen und Pflanzengesellschaften haben sich bis dato gehalten.

Im Kochhof ist die Viehhaltung des Museums konzentriert. Deshalb sind dort (im Schupfen) Wirtschaftsräume für den Museumslandwirt eingerichtet.

Die Gebäude

Im Kochhof um 1905
Wasserrohrebohren für den Windbrunnen (Foto: Martin Ortmeier 1984)
Ganzteiltranslozierung des Freilinger Häusls (Foto: Martin Ortmeier 1988)

Das Wohnhaus aus Kerneigen bei Wittibreut, erbaut um 1750, ist ein Kantholzblockbau vom Typus des Rottaler Bauernhauses. 1982 wurde es im Freilichtmuseum Massing fertiggestellt. 1987 bis 1988 wurden Mängel der Fundamentierung behoben, die zu Pilzbefall im Fußbereich der Blockwände geführt hatten[2]. In diesem Zuge wurden bis Brüstungshöhe der Fenster des Erdgeschosses Teile des Blockbaus erneuert und eine Temperierungsinstallation der Räume eingebracht. Die frühe Entstehungszeit des Hauses erklärt, warum der Rossstall noch im Wohnhaus untergebracht war.

Der zweitennige Stadel stammt aus Roith bei Hebertsfelden, er ist in Ständerbohlenbauweise errichtet, das Steildach ist ursprünglich. Über einem der Tore ist er 1836 datiert. Hofseitig ist das statische Gefüge als Schaubundwerk ausgeführt.

Das Stallgebäude kommt aus Unterstetten bei Neumarkt St. Veit, es beherbergt einen Kuhstall mit böhmischen Gewölben und einen Schweinestall mit preußischen Gewölben (Schienengewölben). Über den Stallungen ist ein hoher Dachboden nutzbar, der über eine von der Traufseite erschlossene Treppe erreichbar ist.
Der Wagenschupfen, der im Obergeschoss einen Getreidekasten in Blockbau und eine Gerätelege in Ständerbau hat, wurde in Tiefstadt bei Eggenfelden abgebaut. Ein Teil des Erdgeschosses ist gemauert, der Raum diente ursprünglich als Machlkammer.
Der Windbrunnen, nordöstlich nahe am Hof errichtet, wurde 1984 bis 1985 ins Ensemble eingebracht.

2016 wurde das Taubenhaus aus Müllersberg bei Wittibreut, das seit 1975 konzeptfremd im Heilmeierhof gestanden hatte, obwohl es aus der Nachbarschaft des Kochhofs stammt, restauriert und in die Hofmitte des Kochhofs versetzt[3].

Der Windbrunnen stellt die historische Wasserversorgung eines Vollbauernhofs auf einer Anhöhe des tertiären niederbayerischen Hügellandes dar. 1984 wurde ein Brunnen abgeteuft und 1985 zur Wasserförderung eine Windturbine auf einem hölzernen Turm errichtet[4]. Der Turbinenturm mit Windrad ragt 13,25 m auf. Die Mechanik des Windmotors fördert über hölzerne Rohre Wasser aus 10,4 m Tiefe. Seit einigen Jahren ist der Brunnen jedoch versiegt, er müsste nachgegraben werden. Die Turbine wurde zuletzt 2010 restauriert, der hölzerne Turm erneuert[5].

Mit der Translozierung des Freilinger Häusls [6] aus Freiling bei Wurmannsquick, einem Austragshaus mit Blockbauteilen von 1611, wurde 1989 die Errichtung und Ausstattung des Kochhofs abgeschlossen. Der wertvolle Blockbau des Obergeschosses wurde im Ganzen transloziert. Mit diesem kleinen Bauwerk fand das Freilichtmuseum Massing in der historisch-kritischen Dokumentation und der Translozierungstechnik Anschluss an die Qualitätsentwicklung, die u.a. von den Freilichtmuseen in Bad Windsheim und Finsterau vorangetrieben worden war[7]. Das Freilinger Häusl ist ein Kantholzblockbau auf Eichenschwellen, der Haustyp wird als Seitenflurhaus oder Eckfletzhaus bezeichnet. Die Eindeckung wurde mit Legschindeln rekonstruiert. Seitdem ist die Erinnerung, dass im bäuerlichen Rottal bis weit in das 19. Jahrhundert diese Art der Weichdeckung allgemein gebräuchlich war, wieder präsent.

Darstellung im Museum

Besucher im Kochhof (Foto: Martin Ortmeier, 2007)
Das Freilinger Häusl beim Kochhof (Foto: Martin Ortmeier, 2017)

Der Kochhof war im Freilichtmuseum Massing die erste Hofanlage, die entsprechend den internationalen Grundsätzen für Freilichtmuseen ganzheitlich angelegt und gestaltet wurde. Wenngleich die Gebäude von verschiedenen Standorten stammen, sind sie doch zumindest alle aus dem Bereich des Rottals dorthin übertragen worden. Der Darstellungszeitraum ist auf zirka 1930 angesetzt. Für die dichte Ausstattung des Wohnhauses wurden erhaltene Einrichtungsstücke des ursprünglichen Anwesens in Kerneigen geborgen. Die Zeitstellung repräsentiert den geschichtlichen Abschnitt, als zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg in Europa wesentliche Veränderungen der bäuerlichen Arbeitswelt wirksam wurden. Insbesondere die Technisierung mit Motoren, Traktoren und Dreschmaschinen und die damit verbundene deutliche Verringerung der Personenzahl am Hof waren wirtschaftlich und sozial prägend. Erstmals war auch eine landwirtschaftliche Fachbildung vorteilhaft geworden, die Bindung an die christlichen Kirchen begann sich von einer ideologischen und existenziellen zu einer brauchtumsorientierten zu wandeln.
Im Obergeschoss zeigt die große Zahl der Betten in vier Räumen und auf der Diele, wie viele Menschen zum Darstellungszeitraum noch gemeinsam auf einem großen Bauernhof dieser Art gelebt und gearbeitet haben.

Durch seine intensive Nutzung für Veranstaltungen – z. B. Theaterdarbietungen mit auf den Hof zugeschnittenen oder dafür geschriebenen Texten (z. B. der Zweiakter "Da Schreiner-Bauer, da Bader-Bauer und da roude Bua"), pädagogische und brauchtumspflegende Aktivitäten, außerdem die Viehhaltung ist der Kochhof neben dem Heilmeierhof zum lebendigen Zentrum des Museums geworden.

In die Gesamtplanung des Hofs war der Museumsleiter der Jahre 1981 bis 1983, Dr. Georg Baumgartner, nicht eingebunden[8], daraus resultierten Mängel.

Das Freilinger Häusl wird im Museum als Baudenkmal präsentiert. Dazu wurden aus den Wand- und Bodenbefunden der Stall und der Kamin rekonstruiert. Die offene Herdstelle wurde als Ganzteil transloziert. Der Bodenbefund des Stubenofens wird im Original als archäologischer Befund präsentiert, ebenso einige Partien des Lehmverputzes an den Blockwänden. Die didaktische Erschließung widmet sich in Bildtexttafeln der Herkunft des Hauses von einem großen Bauernhof, der Dokumentation, Rekonstruktion und Translozierung.

Literatur

  • Martin Ortmeier, Probleme eines Museums ohne Konzept – Das Beispiel Freilichtmuseum Massing, in: Museumsblatt. Mitteilungen aus dem Museumswesen Baden-Württembergs, ISSN 0939-6373, H. 13 (1994), S. 33–35
  • Martin Ortmeier, Ein Bauernhofmuseum für Niederbayern. Freilichtmuseum Massing, Passau 1995, erweiterte Auflage Landshut 2001, s. 29–39
  • Martin Ortmeier, Vom Niederbayerischen Bauernhofmuseum Massing im Rottal zum Freilichtmuseum Massing – 50 Jahre Geschichte eines Heimatmuseums. In: Passauer Jahrbuch. Beiträge zur Geschichte und Kultur Ostbaierns 61 (2019), S. 275–292

Weblinks

Anmerkungen

  1. Die wissenschaftliche Betreuung leistete Dr. Annette Otte vom Lehrstuhl für Vegetationsökologie, Konzept und Finanzakquise trug Museumsleiter Dr. Martin Ortmeier bei, Förderung gewährte die Stiftung Niederbayerisches Bauernhofmuseum Massing auf Vermittlung von Michael Osterholzer. Siehe Archiv des Freilichtmuseums Massing: Az. M 7.2.3.9.1
  2. Siehe Archiv des Freilichtmuseums Massing: Az. M 7.2.3.8.1
  3. Siehe Archiv des Freilichtmuseums Massing: Az. M 7.2.3.9.3. Die politische Begründung des Museumsleiters stützte sich auf den Vorgang der Gesamterneuerung des Heilmeierhofs, die für das Jubiläumsjahr des Museums im Jahr 2019 geplant war.
  4. Siehe Martin Ortmeier: Das eigene Wasser – 1984 wurde im Freilichtmuseum Massing von Hand ein Brunnen abgeteuft. In: Angerer, Birgit u.a. Sauberkeit zu jeder Zeit! Hygiene auf dem Land. Petersberg 2019, S. 96–105
  5. Siehe Archiv des Freilichtmuseums Massing: Az. M 7.2.4, Bd. 5
  6. Konzept, Rekonstruktion Stall, Platzierung, Ausstattung: Dr. Martin Ortmeier, Beratung Georg Waldemer; Planung und Bauleitung: Hermann Lichtnecker Dipl.-Ing. FH unter Zuarbeit von Harald Bader Dipl.-Ing. FH und Mitarbeit von Hans Eichinger
  7. Siehe Martin Ortmeier, Vom Niederbayerischen Bauernhofmuseum Massing im Rottal zum Freilichtmuseum Massing – 50 Jahre Geschichte eines Heimatmuseums. In: Passauer Jahrbuch. Beiträge zur Geschichte und Kultur Ostbaierns 61 (2019), S. 284 – Konzept, Rekonstruktion Stall, Platzierung, Ausstattung: Dr. Martin Ortmeier, Beratung Georg Waldemer; Planung und Bauleitung: Hermann Lichtnecker Dipl.-Ing. FH unter Zuarbeit von Harald Bader Dipl.-Ing. FH und Mitarbeit von Hans Eichinger
  8. Beauftragt war das Architekturbüro Otto Hofmeister in Eggenfelden und Massing.
    „Museumsleiter Dr. Georg Baumgartner legte in den Jahren 1981 bis 1983 mit der ganzheitlichen Ausstattung des Kochhofs die Grundlagen für eine fachliche Fortentwicklung des Museums. Bei der Platzierung des Stadels im Hofverband konnte er sich allerdings nicht gegen den örtlichen Architekten durchsetzen, der um der Variation willen für diesen zweiten Rottaler Vierseithof des jungen Museums ein vom Schusteröderhof abweichendes Arrangement favorisierte. In der Folge ist die Zuordnung des Stalls zur hofmittigen Dungstätte praktisch und historisch falsch (der Mist des aufgestallten Großviehs muss aufwärts gekarrt werden und die Jauche fließt zur falschen Seite ab) und es konnte wenige Jahre später die Chance, an den Stadel eine Göpelhütte anzubauen, nicht genutzt werden. Die beiden Durchfahrtstennen des Stadels enden im Museum an einer Betonstützwand, die äußeren Stadeltore sind in 1,5 m Höhe abgeschnitten.“ Aus: Martin Ortmeier, Vom Niederbayerischen Bauernhofmuseum Massing im Rottal zum Freilichtmuseum Massing – 50 Jahre Geschichte eines Heimatmuseums. In: Passauer Jahrbuch. Beiträge zur Geschichte und Kultur Ostbaierns 61 (2019), S. 284