Seilbahn (Passau)

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Eine mögliche Passauer Seilbahn soll vom rechten Donau-Ufer hinauf auf den Georgsberg führen.

Die Errichtung einer Seilbahn ist in Passau seit Jahren in Diskussion. Sie soll das rechte Donau-Ufer mit dem Georgsberg verbinden und damit insbesondere die Veste Oberhaus von der Altstadt aus erschließen. Eine Verwirklichung ist vor allem in städtebaulicher und ökologischer Hinsicht umstritten und scheiterte bislang meist aufgrund des Denkmalschutzes.

Hintergrund

Eine Seilbahn soll Passau als Fremdenverkehrsstadt einen kräftigen Schub geben: Die Veste Oberhaus könnte sich ganz neuen Besuchergruppen öffnen, sie würde so für jeden viel einfacher zugänglich. Und auch die Gondelfahrt selbst mit gläsernen, vielleicht sogar drehbaren Gondeln könnte zum Erlebnis werden. Andererseits würde auch die Altstadt belebt: Wer oben sein Fahrzeug abstellt, ist schnell im Herzen der Stadt und erspart sich unten die Parkplatzsuche. Ein absoluter Gewinn für Einzelhandel, Gastronomie und Hotelgewerbe wäre es, wenn der Besucher der Stadt, angeregt durch die Attraktion Seilbahn, eine Nacht länger in der Dreiflüssestadt verweilen würde.

Frühe Planungen

Bereits in den 1930er Jahren wurde die Errichtung einer Seilbahn in Passau diskutiert. So wirbt etwa ein Artikel im „Völkischen Beobachter“ aus dem Jahr 1938 kräftig für das Projekt. Geplant war, „den Festungsberg Oberhaus durch eine Personen-Seilschwebebahn zu erschließen, und zwar nicht nur für den Fremdenverkehr, sondern auch im Sinne einer Besiedelung des landschaftlich schönen Baugeländes auf dem Festungsberg“.[1] Das Projekt habe schon „greifbare Gestalt“ angenommen. Die Seilbahn sollte 380 Meter lang sein, eine Höhe von 100 Meter überwinden und in der Stunde 100 Personen befördern können. Die Talstation hätte beim Paulusbogen liegen sollen, die Bergstation bei der Aussichtsplattform. Als Kosten wurden damals 115.000 Reichsmark berechnet. Die Pläne von damals liegen bis heute im Stadtarchiv Passau.

Planungen 2002

Im Jahr 2002 wurde unter Federführung der Stadtwerke Passau, unterstützt von einem „Team Innenstadt 2010“, eine Seilschwebebahn für knapp 3 Millionen Euro geplant. Diese hätte von einer Talstation im Bereich der Donaulände aus zur Bergstation etwa 300 Meter westlich der Veste Oberhaus nahe des Sportplatzes führen sollen – bei einer Höhendifferenz von 90 Meter und einer schrägen Länge von 340 Metern. Geplant waren mehrere kleine Gondeln im Wechselbetrieb, da diese besser ins Stadtbild passen als Großkabinen. Ein Schrägaufzug stand nicht zur Debatte, weil der Eingriff in die ökologisch wertvolle Oberhauser Leite zu groß wäre.

Die Planungen waren bereits weit gediehen: Details vom Standort über die Statik bis hin zur Finanzierung waren schon geklärt. Nach einer negativen Stellungnahme des bayerischen Landesamts für Denkmalpflege zogen sich die Initiatoren – darunter auch die Passauer Verlegerfamilie Diekmann – jedoch 2003 wieder zurück; die Pläne wurden ad acta gelegt.

Planungen 2010/2011

Erste Diskussionen und Stadtratsbeschluss

Nach Jahren des Stillstands gab es im Februar 2010 einen neuen Anlauf für eine Seilbahn: In einem Gespräch mit Oberbürgermeister Jürgen Dupper signalisierte die Verlegerfamilie Diekmann abermals ihre Bereitschaft, sich in das Millionen-Projekt einzubringen. Das Projekt nahm seinen Weg durch die Fachstellen der Stadtverwaltung. Passau Tourismus e.V., das Referat für Stadtentwicklung, das Amt für Umweltschutz, die Stadtheimatpfleger, Stadtplanungsamt, die Dienststelle Stadtgestaltung, Bauordnungsamt und Bauverwaltungsamt waren mit Stellungnahmen befasst.

Im Oktober wurde das Projekt dann im Stadtrat diskutiert: Die Seilbahn ließe sich als neuer touristischer Höhepunkt vermarkten und sei ideal für Passau-Besucher mit engem Zeitbudget. Passau wäre somit vergleichbar mit „Seilbahnstädten“ wie Salzburg, Graz, Dubronvnik, Zürich, Innsbruck oder Koblenz. Den positiven Auswirkungen auf den Tourismus standen dabei jedoch Bedenken wegen den Eingriffen ins Altstadtensemble und wegen des Denkmalschutzes der prägenden Steilhänge des Georgsbergs entgegen. Weitere Hindernisse für das Projekt seien Vorgaben im Regionalplan und Flächennutzungsplan, die naturgemäß keine Seilbahn vorsehen. Schon im November 2010 schlug die ÖDP Passau-Stadt vor, dass der Stadtrat von sich aus die Entscheidung in die Hände der Bürger legen und ein Ratsbegehren anstreben sollte, sobald genaue Pläne und Visualisierungen vorliegen.

Am 7. Februar 2011 sprachen sich die Stadträte dann mit 31:11 Stimmen dafür aus, das Projekt zu unterstützen und weitere Informationen zur Konkretisierung einzuholen. Geprüft werden sollen aber auch andere Arten von Aufstiegsmöglichkeiten, etwa eine Zahnradbahn oder ein Lift auf der Nordseite des Georgsbergs; vorrangiges Ziel sei die Aufnahme der Stadt in die Welterbeliste der UNESCO. Einen radikaler Grundsatzbeschluss „pro Seilbahn“, ausgearbeitet von der Stadtverwaltung und OB Jürgen Dupper, war bei einer Vorbesprechung der Fraktionsführer nach einem Antrag von Alois Feuerer (FWG) – dem Wortführer der Seilbahngegner – gekippt und wesentlich zurückhaltender formuliert worden. Ursprünglich hätte der Beschluss die Stadtverwaltung damit beauftragt, „die Konkretisierung des Vorhabens durch den Investor hin zu einer genehmigungsfähigen Planung zu begleiten und zu unterstützen.“[2] Für die Finanzierung war angedacht, den Start finanziell abzusichern und für den Betrieb eine Aktiengesellschaft zu gründen.

Rückzug und neue Untersuchungen

Am 17. März 2011 sprach sich das Landesamt für Denkmalpflege in einer Stellungnahme gegen ein Seilbahn-Projekt aus, das nicht denkmal- und ensembleverträglich geplant werden könne:

„Einen aus denkmalpflegerischer Sicht geeigneten Standort für die Talstation kann es in der Altstadt nicht geben. [...] Abgesehen von der Talstation ist auch das Gesamtprojekt nicht denkmal- bzw. ensembleverträglich zu planen.“[3]

Nach Einschätzung des Landesamts wird durch das Seilbahnprojekt das Erscheinungsbild des Stadtensembles beeinträchtigt, ebenso die Sichtbeziehungen innerhalb dieses Ensembles, insbesondere von den Aussichtspunkten am Oberhaus und bei Mariahilf. Eine Realisierung wäre auch der Bewerbung um den Welterbetitel „nicht förderlich“. Stattdessen empfahl das Landesamt, mögliche andere Aufstiege neutral zu untersuchen. Die Stadtverwaltung und Initiator Dr. Dr. Axel Diekmann stellten daraufhin einvernehmlich fest, dass es wenig erfolgversprechend sei, ein Projekt von dieser Tragweite gegen den offenbar unüberwindbaren Widerstand der Denkmalpflege weiterzuführen. Die Stadtverwaltung schlug deshalb dem Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr vor, dem Stadtratsplenum zu empfehlen, das Projekt nicht weiter zu verfolgen.

Die Verwaltung wurde in der Folge damit beauftragt, die Kosten für Alternativen zu einer Seilbahn zu ermitteln. Diese sechs neuen Varianten wurden wenige Wochen später im Stadtentwicklungsausschuss vorgestellt. Demnach wären denkbar: erstens ein Vertikal-Aufzug mit einem langen Stollen (Ausstiegspunkt: Parkplatz im Burgzwinger), zweitens ein Vertikal-Aufzug mit einem kurzen Stollen (Ausgangspunkt: Mitte des Wehrgangs zwischen Niederhaus und Oberhaus nahe dem Türmchen), drittens ein Schrägaufzug im Berg mit Zugang in der Unterführung des geplanten Fußgänger- und Radlertunnels bzw. stadteinwärtigen Ilzdurchbruch, viertens ein Schrägaufzug im Berg mit Zugang nördlich der Unterführung nahe der Salvatorkirche, fünftens ein Schrägaufzug am Hang mit Zugang nördlich der Unterführung nahe der Salvatorkirche oder sechstens ein Außenaufzug im Bereich des Bschüttparkplatzes. Da jedoch keine dieser sechs neuen Aufzug-Varianten eine zweckdienliche, machbare und vor allem finanzierbare Lösung darstellte, wurden die Seilbahn-Planungen auch dieses Mal wieder beendet.

Diskussionen seit 2013

In der Folge keimte die Debatte in den Stadtratsgremien immer wieder auf, insbesondere im Zuge der weiteren Entwicklung des Oberhaus-Areals, auf dem seit dem Sommer 2013 eine immense Nachfrage wegen des neuen Lokals „Das Oberhaus“ herrscht. Mittel- und langfristig sollten nebenan auch kulturelle Neuerungen – z.B. eine Nutzung des brachliegenden Thingplatzes – wieder ein Thema werden.

Im Vorfeld der Stadtratswahl 2014

Die Debatte wurde insbesondere im November 2013 von der FDP im Zuge des beginnenden Wahlkampfes zur Stadtratswahl 2014 wieder angefeuert. Die FDP hoffte auf ein Umdenken seitens des Landesamtes für Denkmalpflege und wollte durch ein Ratsbegehren einen Bürgerentscheid in dieser Frage herbeiführen. Sowohl OB Jürgen Dupper als auch die beiden großen Fraktionen CSU und SPD bekundeten ihr Interesse an einer neuen Diskussion. Für einen Bürgerentscheid sprach sich auch die ÖDP, sonst erklärte Gegner der Seilbahn, aus. Die Passauer Liste mahnte allerdings an, dass ein Ratsbegehren nichts an dem Veto des Landesdenkmalamtes ändern würde, an dem die zahlreichen Vorschläge der letzten Jahre stets gescheitert waren. Ähnliche Bedenken äußerten auch die Grünen: Nur mit einem Ratsbegehren, aber ohne Lösungen für die offenen Fragen, sei an die Verwirklichung der Seilbahn nicht zu denken. Sie forderten eine Planung zur Vorlage beim Denkmalamt, bevor die Bürger in einem Ratsbegehren zur Abstimmung gerufen werden. Gleichzeitig brachten sie ein 100 Jahre altes Vorbild für die Finanzierung der Seilbahn in Spiel: Wie einst beim Bau des Innstegs sollten sich die Passauer Bürger an einer Aktiengesellschaft beteiligen (vgl. Innsteg-Aktiengesellschaft). Mit der Ausgabe von Optionsscheinen durch eine „Seilbahn AG“ würde sich den Grünen zu Folge eine benötigte Anfangskapitalsumme von vier Millionen Euro auftreiben lassen. Letztlich einigte man sich darauf, einen Bürgerentscheid frühestens nach der Stadtratswahl 2014 durchzuführen.

Diskussions-Angebot des Generalkonservators

Aus diesem Grund brachte die FDP im September 2014 erneut eine Befragung der Bürger mittels eines Ratsbegehrens zur Sprache. Richtig Schwung nahm die Diskussion jeodch erst wieder auf, nachdem sich der neue Generalkonservator Mathias Pfeil am Rande eines Ortstermins im Burginnenhof der Veste Oberhaus am 13. April 2015 durchaus aufgeschlossen gegenüber der Umsetzung einer Seilbahn zeigte. Dessen Vorgänger Egon Johannes Greipl, der seit 2014 für die ÖDP im Passauer Stadtrat sitzt, beurteilte das Projekt jedoch nach wie vor sehr kritisch. Unter seiner Ägide hatte das Landesamt für Denkmalpflege schon die Planungen von 2010/2011 abgelehnt. Unterdessen nahmen die Seilbahn-Befürworter das Diskussions-Angebot des neuen Generalkonservators dankbar an – allen voran von Willi Schmöller, Jürgen Hellwing und Heinz Jacob vom „Initiativkreis Georgsbergtunnel“. Dieser will neben dem Georgsbergtunnel unter anderem auch den Bau einer Seilbahn vorantreiben.

Am 17. April 2015 stellte Generalkonservator Mathias Pfeil jedoch klar, dass die bislang vom Landesamt für Denkmalpflege „geäußerten fachlichen Aussagen nach wie vor Gültigkeit haben“.[4] Er empfahl der Stadt, sollte sie an dem Thema Seilbahn weiterarbeiten wollen, dies auf der Basis der Landesamt für Denkmalpflege formulierten Bedenken zu tun. Die Planungen von 2010/2011 seien nach wie vor nicht zustimmungsfähig.

Ende April 2015 hat das Busunternehmen Eichberger Reisen bekannt, als möglicher Investor und zugleich auch Betreiber einer Seilbahn in Passau zur Verfügung zu stehen.

Im Mai kündigte Stadtrat Georg Steiner an, im Rahmen der Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung des Areals um die Veste Oberhaus auch einen Antrag zum Bau einer Seilbahn einreichen zu wollen.

Für OB Jürgen Dupper kommt als Standort einer Seilbahn auf den Oberhausberg nur eine Verbindung mit Blick auf die Altstadt in Frage. Alle Varianten auf der rückwärtigen Bergseite zur Ilzstadt oder ganz ohne Ausblick schließt er aus. Das sagte Dupper am 29. September 2015 im Stadtentwicklungsausschuss, dem die Seilbahn-Anläufe der letzten 15 Jahre berichtet wurden. „Alle Arten von Aufstiegshilfen, die sich nicht mit der Schokoladenseite Passaus beschäftigen, sind ausgeschlossen. Das wäre nur etwas für Fetischisten“, meint Dupper. Die Stadt will das Gespräch mit einem möglichen Investor suchen, der Interesse an einem Engagement geäußert hat. Das Rathaus habe ihm bereits angeboten, sämtliche Unterlagen, Gutachten, Stellungnahmen und bisherigen Untersuchungen einsehen zu können, davon habe der mögliche Investor aber noch keinen Gebrauch gemacht. „Wir gehen aber auf ihn zu“, kündigt Dupper an.

Oskar Atzinger, der sich ebenso wie die CSU mit einem Antrag für eine neue Initiative ausgesprochen hat, schreibt der Seilbahn eine wesentliche Rolle bei der Steigerung der Attraktivität des Tourismusstandorts Passau zu: „Mit Dombesichtigung und Rundfahrten allein werden wir das nicht sichern können.“ Es gehe um die Attraktion, nicht nur den bloßen Transport hinauf zum Oberhaus, der auch per Bus möglich sei. Das Projekt solle ausgeschrieben und die Vorstellungen möglicher Investoren diskutiert werden.

Einzelnachweise

  1. Passauer Tölpel: Aufgespießt und festgenagelt: Greifbare Gestalt. In: Passauer Neue Presse vom 16. November 2013 (S. 20)
  2. Wolfgang Lampelsdorfer: Seilbahn: Stadtrat will mehr Informationen. In: Passauer Neue Presse vom 8. Februar 2011 (S. 21)
  3. Wolfgang Lampelsdorfer: Denkmalpflege lehnt Oberhaus-Seilbahn ab. In: Passauer Neue Presse vom 13. April 2011 (S. 21)
  4. Christian Karl: „Fachliche Aussagen haben nach wie vor Gültigkeit.“ In: Passauer Neue Presse vom 18. April 2015 (S. 19)

Literatur

Weitere Berichterstattung der PNP

Weblinks